«Ein GenussWander- führer ist ein komplett geschnürtes Päckchen»

Fredy und Sabine Joss verfassen seit Jahren Wanderführer – seit 2009 auch die GenussWanderführer im ott verlag. Privat sind sie ebenfalls oft in der Natur unterwegs und sie machen sich Gedanken zum Fortbestehen von Büchern und den Wanderführern im Speziellen. Vor einem schönen Alpenpanorama in ihrem Wohnort auf dem Beatenberg sind sie Red und Antwort gestanden.

Sie verfassen seit fünf Jahren die Wanderführer in der Reihe «GenussWandern». Was macht Ihnen an dieser Arbeit besonders Spass?

Fredy Joss (FS): Man entdeckt immer wieder neue, schöne Gegenden, die man vielleicht ohne ein solches Projekt gar nie sehen würde. Oft erlebt man auch Überraschendes an Orten, wo man es nicht erwarten würde, z. B. steht man plötzlich an einem Aussichtspunkt mit ungewohnter Perspektive auf die Alpen oder in einer spannenden Schlucht, von der auf der Karte nur wenig zu sehen war. Wenn man einen Wanderführer macht, steht man unter dem positiven «Zwang», an neue Orte zu gehen, und kommt so zu schönen Erfahrungen und Entdeckungen. Ich möchte jetzt zum Beispiel nicht nochmals einen Wanderführer über Bern machen …

Sabine Joss (SJ): … obwohl man auch dort wieder neue Ecken entdecken würde. Aber die Leckerbissen sind natürlich bereits im Buch «GenussWandern Region Bern». Es ist einfach schön, bei der Arbeit draussen in der Natur zu sein. Auch das Fotografieren und das Vorbereiten machen Spass.

 

Haben Sie ein Lieblingswandergebiet in der Schweiz, in das Sie immer wieder zurückkehren?

FS: Das Engadin mit seinen wilden Bergtälern und den farbigen Lärchenwäldern im Herbst gefällt mir sehr. Aber auch der Jura mit seinen Hochebenen und Bergzügen finde ich reizvoll. Das Berner Oberland liegt ja gleich vor unserer Haustür, und deshalb sind wir hier auch immer wieder unterwegs und sind verwöhnt mit schöner Aussicht und einladenden Gipfeln.

SJ: Ich liebe hochalpine Kulissen, deshalb bin ich sehr gerne im Berner Oberland oder im Wallis unterwegs. Im Berner Oberland gefällt mir besonders das Hintere Lauterbrunnental als wilde Gegend. Sehr schön ist auch immer wieder das Engadin mit seinen vielen unberührten Ecken. Aber dort geht man kaum für ein einzelnes Wochenende hin.

 

Wie gehen Sie bei der Planung eines Wanderführers vor und wie treffen Sie die Auswahl der Gebiete und Wanderungen?

FS: Zuerst braucht es eine Definition des Gebiets, das im Führer abgedeckt werden soll. Was passt zusammen, was ergibt eine gewisse Einheit für die Wanderinnen und Wanderer? Anschliessend schauen wir uns die Karten an. Einiges kennen wir meistens schon von früheren Wanderungen. Und mit etwas Erfahrung verrät auch schon ein Blick auf die Karte, wo es interessant sein könnte. Danach informieren wir uns auch über das Internet, z. B. auf Tourismus-Websites oder Foren/Communitys. Dort wird aber auch viel Falsches publiziert, sodass man das immer genau überprüfen muss. Auch die Darstellung der Wanderungen im Internet ist sehr heterogen. Im Buch hat man eine Einheit und kauft nicht die Katze im Sack. Ein Buch ist ein komplett geschnürtes Päckchen. Es hat viel drin und doch ist es begrenzt.

 

 

SJ: Wir wählen immer mehr Wanderungen aus, als wir dann wirklich in den Wanderführer aufnehmen, sodass wir etwas Reserve haben, wenn sich ein Gebiet als nicht so ideal herausstellt, zum Beispiel wenn die Wege zu steil und ruppig sind. Von daher ist das Rekognoszieren und Nachwandern der Strecke immer sehr wichtig. Manchmal muss man sowieso erst eine Weile in einem Gebiet unterwegs sein, bis man die wahren Perlen entdeckt. Zuletzt versuchen wir auch zu beachten, dass die Wanderungen gut über das ganze ausgewählte Gebiet verteilt sind. Dies aber nur sehr zurückhaltend, denn fast überall gibt es Regionen, wo es weniger attraktiv ist, wo es z. B. zu viele Asphaltstrassen gibt oder schlechte ÖV-Erschliessung.

 

Ihre Bücher zum GenussWandern im ott verlag verkaufen sich sehr gut. Was denken Sie, was ist der Grund dafür?

FS: Grundsätzlich wandern mehr Leute als früher. Erfreulicherweise gehen auch mehr Junge auf Wanderung. Viele sind aber auch beruflich oder familiär sehr engagiert, sodass nicht sehr viel Zeit für Ausflüge bleibt. Überhaupt geht es vielen nicht mehr ums Leistungswandern, sondern um Genuss, Spass, Erholung, Stressabbau und gemeinsame Erlebnisse. Wenn man nicht zu früh starten und nicht zu spät heimkommen will, irgendwo auch einkehren will usw., dann ist auch mit einer kurzen Wanderung der Tag schnell gefüllt, und genau das beachten wir in den Werken.

SJ: Die Länge der Wanderungen ist ideal. Auch ältere Leute können die Wanderungen noch gut machen. Ebenso Leute, die erst später aufbrechen möchten. Vielleicht ist auch die reiche Bebilderung verkaufsfördernd, da sie für die Leute, die selbst nicht fotografieren, Erinnerungen festhält. (Quelle: hep magazin 2014)